Die Thematischen Partnerschaften der Urbanen Agenda für die EU - Warum sich die Teilnahme für deutsche Akteure lohnt
Die Themen des aktuellen Calls sind „Wassersensible Stadt“ und „Gebäudedekarbonisierung“. Warum sind diese Themen besonders relevant für Deutschland, und warum sollten sich Städte, Regionen, Dachverbände und andere deutsche Akteure bewerben?
Der Bund begrüßt die Bearbeitung beider Themen im Rahmen der Urban Agenda ausdrücklich, denn beide berühren prioritäre Zukunftsaufgaben in Deutschland und stehen im Einklang mit den nationalen Zielen Deutschlands. Die Bundesebene greift die wassersensible Stadtentwicklung sowohl in der aktuell weiterentwickelten Anpassungsstrategie an den Klimawandel, in der nationalen Wasserstrategie als auch mit der neuen Agenda für Grün-Blaue Städte auf, die wir im Folgeprozess des Weißbuchs Stadtgrün entwickeln werden. Die neue thematische Partnerschaft bietet hier u.a. die Chance, Akteure aus der städtischen Wasserwirtschaft und der Grünraumentwicklung zusammenzubringen, gemeinsam erfolgreiche politische Instrumente und Governancestrukturen für eine breite Umsetzung zu entwickeln sowie neben funktionalen Aspekten der Wasserwirtschaft in Bezug auf die Stadtgestaltung und multifunktionale Nutzungen Ansätze mit hoher Qualität zu schaffen.
Auch die Partnerschaft „Energieeffizientes Bauen: Integrierte Sanierungsprogramme sowie kommunale Wärme- und Kältepläne“ knüpft eng an Schritte an, die der Bund zur Dekarbonisierung unseres Energiesystems geht. So hat der Bund mit seinem zum Jahresbeginn in Kraft getretenen neuen Wärmeplanungsgesetz und dem eng verknüpften Gebäudeenergiegesetz wichtige Impulse zur Dekarbonisierung gesetzt. Für die Umsetzungsprozesse kann die neue UAEU-Partnerschaft wichtige Beiträge leisten.
Wir sehen als Nationale Kontaktstelle wertvolle Verknüpfungsmöglichkeiten mit der Mission „100 klimaneutrale Städte und intelligente Städte bis 2030“, in deren Rahmen wir im engen europäischen Austausch die Rahmenbedingungen für Klimaneutralität schaffen wollen.
Der Bund hat bislang an insgesamt vier Partnerschaften mitgewirkt. Was haben Sie aus diesem Prozess mitgenommen?
Der Bund hat sich zu den Themen „städtische Armut“, „digitaler Wandel“, „Energiewende“ und zuletzt als Koordinator mit Italien zu „Kultur/kulturellem Erbe“ eingebracht. Wir nehmen einiges aus diesen Prozessen mit: Die Themen haben durch den intensiven Austausch im europäischen Rahmen und die gemeinsame Arbeit an Sichtbarkeit gewonnen – sowohl auf EU, auf nationaler als auch auf kommunaler Ebene. Denn wir haben, quasi als „Pioniere“, versucht, die Themen mit einer neuen Brille zu sehen, neue Wege einzuschlagen sowie neue Lösungen und Instrumente zu entwickeln. Es haben sich neue „Netzwerke von Netzwerken“ von Akteuren und Institutionen gebildet, die teilweise bis heute weiterarbeiten, und wir haben gemeinsam Arbeitshilfen für die Arbeit vor Ort entwickelt.
Die Urbane Agenda für die EU betont den Multi-Governance-Ansatz. Was bedeutet das konkret, und können Sie ein Beispiel aus Ihrer eigenen Erfahrung nennen, das diesen Ansatz und seinen Mehrwert besonders gut veranschaulicht?
Der Mehrebenenansatz der UAEU ermöglicht eine neue Dialogebene zu Themen der europäischen Stadt: Akteure der EU, der Mitgliedstaaten und der Städte arbeiten nicht nur auf ihrer jeweiligen Ebene, sondern miteinander. Dies erlaubt ein Verständnis für die Ausgangslage des/der jeweils anderen und ermöglicht eine breite Perspektive auf Herausforderungen und Lösungsansätze. Zwar funktioniert dieser Dialog in der Praxis nicht immer reibungslos, aber es ist m.E. ein lohnenswerter Ansatz. Ein Beispiel, wie die verschiedenen Ebenen ineinandergreifen: In der Aktion ‚Resilienz – integriertes Risikomanagement‘ haben wir im Rahmen unseres Forschungsprojekts zunächst mit europäischen Akteuren bei einem Workshop in Bordeaux Grundsätze entwickelt, die wir dann in Bad Münstereifel bei einem Planspiel für die nationale Ebene anwendbar gemacht haben und die schließlich in ein Handbuch für die lokale Ebene mündeten.
Man kann an den Thematischen Partnerschaften entweder als Partner oder als Koordinator teilnehmen. Wie unterscheiden sich diese Rollen in Bezug auf Verantwortung und Arbeitsaufwand?
Man sollte bei einer Bewerbung abwägen: Was will ich erreichen, was möchte ich einbringen, und was kann ich leisten? Die Antwort hilft dann bei der Entscheidung, ob und auf welcher Ebene man sich einbringt. Denn die Koordination erfordert erhebliche Zeit und Verantwortung, und angesichts begrenzter Ressourcen kann die Rolle als Projektpartner realistischer sein. Wichtig ist dabei auch eine Kontinuität im Engagement über die Laufzeit, damit der ‚inhaltliche Faden‘ nicht abreißt und die Ergebnisse weiterentwickelt werden können. Ein letzter Punkt: Wir empfehlen aus unserer Erfahrung heraus, Ressourcen einzuplanen, um die wertvollen Ergebnisse und Erkenntnisse des UAEU-Prozesses in die Breite zu tragen und bspw. erarbeitete Leitfäden für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Was würden Sie interessierten Städten, Regionen oder Organisationen, die noch unentschlossen sind, mit auf den Weg geben, um ihre Entscheidung für eine Bewerbung zu erleichtern?
Ich hatte es schon erwähnt - ich denke, es ist zunächst wichtig, sich im Rahmen einer Bewerbung über verfügbare Ressourcen frühzeitig Gedanken zu machen. Man sollte auch ein hohes fachliches Interesse am Thema mitbringen und bereit sein, sich auf den europäischen Dialog einzulassen und auch Strategien und Instrumente auszuprobieren. Ich hoffe, Städte verschiedener Größen werden eine Bewerbung in Erwägung ziehen, denn die Vielfalt der Städte macht den Dialog später umso wertvoller.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung ist die Deutsche Kontaktstelle für URBACT sowie der Europäischen Stadtinitiative. Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Foto: Dietmar Horn © Bund